Rücktritt des Vorsitzenden


Stellungnahme des erweiterten Vorstands zum Rücktritt des Vorsitzenden und zu den Entscheidungsprozessen des Integrationsbeirats

hier kann die Stellungnahme als pdf heruntergeladen werden

Seit Tagen schreibt die Presse über den Augsburger Integrationsbeirat (IB) auf Basis von Interviews mit dem aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen ehemaligen Vorstandsvorsitzenden. Aus dessen Sicht ist der IB eine undemokratische Institution, die eine vermeintlich kritische Haltung zum Islam nicht zulässt und mit Mobbing reagiert.

Der Vorstand des IB sieht sich nunmehr zu einer Gegendarstellung und Klarstellung verpflichtet. Der ehemalige Vorsitzende hat am 24.01.2018 aus gesundheitlichen und beruflichen Gründen seinen Rücktritt eingereicht. Dieses Schreiben liegt dem Geschäftsführer des Integrationsbeirates und dem erweiterten Vorstand vor und kann jederzeit eingesehen werden. Berufliche Gründe führte der ehemalige Vorsitzende bereits in seiner E-Mail an die Mitglieder vom 19.11.2017 als Grund dafür an, dass er den laufenden Geschäften des Beirates nicht nachgehen könne und seine beiden Stellvertreterinnen bis Ende des Jahres seine Aufgaben übernehmen würden. Nun behauptet der ehemalige Vorsitzende jedoch, er sei wegen seiner „islamkritischen Haltung“ quasi zum Rücktritt gezwungen worden und stilisiert sich gar zum Mobbingopfer einer gegen ihn gerichteten Kampagne auf.

Die Aufgabe des Vorsitzenden des IB ist es – in Abstimmung mit dem Vorstand – die Angelegenheiten der Augsburgerinnen und Augsburger mit Migrationshintergrund zu vertreten – und nicht seine persönliche Meinung über eine Religionsgemeinschaft zum Inhalt seiner Arbeit zu machen. Die Auseinandersetzung über die Reformierbarkeit des Islam, dessen Kompatibilität mit der Demokratie und kritischen Stimmen innerhalb der Religion eine Plattform zu bieten etc. ist in erster Linie eine Sache von Wissenschaft, Theologie und insbesondere islamischen Gelehrten und nicht die Aufgabe des Vorsitzenden des Augsburger Integrationsbeirates.

Natürlich kann über solche Themen auch im Integrationsbeirat diskutiert werden. Eine offene und sachliche Diskussion über das Thema Islam kann jedoch nicht Ziel von Maximilian Rothermel gewesen sein, wie er nun behauptet, denn die Gremien und Möglichkeiten, die es im Integrationsbeirates gibt, um ein Thema zu besprechen bzw. einen Beschluss zu fassen, hat er nicht genutzt. Stattdessen versuchte er in Gesprächen mit einzelnen Beiratsmitgliedern, diese von seiner „Mission“, wie er sein Vorhaben selbst beschrieb, zu überzeugen.

In mehreren klärenden Gesprächen hat der Vorstand den Vorsitzenden gebeten, sich den Kernaufgaben des IB zu widmen und nicht seiner persönlichen Agenda. In diesen Gesprächen zeigte er sich einsichtig, später wurden diese vom ehemaligen Vorsitzenden als „Maulkorb“ bezeichnet. Als sich zudem abzeichnete, dass auf der persönlichen Facebookseiten des ehemaligen Vorsitzenden offen und subtil diffamierende Links über Muslimen und auch Geflüchtete empfohlen wurden, sollten erneut klärende Gespräche stattfinden. Ein offener Antrag zur gemeinsamen Besprechung des Sachverhalts sollte in der Sitzung des Erweiterten Vorstandes am 24.01.2018 gestellt werden. Darüber wurde der ehem. Vorsitzende fairerweise transparent informiert. Der Vorsitzende kam diesem Gespräch jedoch mit seinem erwähnten Rücktritt aus gesundheitlichen und beruflichen Gründen zuvor. Er erschien nicht zu der Sitzung und ging somit einer offenen Diskussion aus dem Weg. Der IB ist nun sehr irritiert über die Neuinterpretation des vorliegenden Rücktritts.

Irritiert ist der IB auch über die Darstellung der ganzen Vorgänge in der Augsburger Presse. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit den Inhalten der Facebookseiten des ehemaligen Vorsitzenden und dessen islamfeindlichen und spaltenden Positionen scheint nicht angemessen stattgefunden zu haben. Die entsprechenden Screenshots können gerne eingesehen werden. Zudem ist es befremdlich, dass dem ehemaligen Vorsitzenden in mehreren Artikeln Raum und Zeit gegeben wurde, seine Version darzustellen, während ein Interview mit einer der beiden aktuellen stellvertretenden Vorsitzenden sich nur in einem halben zitierten Satz wiederfindet. Eine ausgewogene Berichterstattung sieht anders aus.

Befremdlich auch, dass die Presse viel stärker das Thema der Teilnahme des IB an den Festivitäten zu 100 Jahre Bayern in den Vordergrund rückt, als die Tatsache, dass er entschieden gegen Diskriminierung auch in den eigenen Reihen eintritt. Hiermit setzt er ein klares Zeichen, dass es keine Rolle spielen darf, ob die diskriminierende Person selbst einen Migrationshintergrund hat oder nicht. Dies sollte die eigentliche Botschaft sein.

Unabhängig davon kann man die Teilnahme oder Nicht-Teilnahme des IB an den Festlichkeiten zu 100 Jahre Bayern unter sehr unterschiedlichen Gesichtspunkten diskutieren. Die Veranstalter waren darüber informiert, dass der erweiterte Vorstand bei der nächsten Sitzung über eine mögliche Teilnahme entscheiden würde. Die Absage wurde am nächsten Tag mitgeteilt und erfolgte somit nicht kurzfristig. Der Vorsitzende selbst, der über die o.g. Veranstaltung detailliert berichten sollte, fehlte aufgrund seines Rücktritts bei der o.g. Sitzung des erweiterten Vorstands und beteiligte sich damit bewusst nicht am Entscheidungsprozess. Später jedoch behauptet er, dass ihm eine Beteiligung des IB an den Festlichkeiten zu 100 Jahre Bayern sehr wichtig gewesen sei.

Dieses Thema steht deshalb in keinem Zusammenhang mit der Causa des ehemaligen ersten Vorsitzenden. Wie aus diesen beiden getrennten Punkten im AZ – Kommentar die Schlussfolgerung gezogen werden kann, der IB beschäftige sich nur mit sich selbst und hätte keine Daseinsberechtigung mehr, bleibt schleierhaft und entbehrt jeglicher Grundlage und jedem demokratischen Verständnis.

Mit seiner öffentlichen Zurückhaltung hat sich der Vorstand bewusst für eine sachliche interne Klärung der Aufgaben des Integrationsbeirats und dessen Vorsitzenden entschieden.

Mit der Neuwahl des/der Vorsitzenden am 19.03.2018 wollen wir wieder auf den Dialog mit den Menschen mit Migrationshintergrund, mit der Stadtverwaltung und -politik und auch mit der Presse setzen und uns auf die wichtigen Aufgaben unseres Gremiums konzentrieren. Dazu gehören beispielweise die kommende Aktion „Frieden säen“ – der Beitrag zu internationalen Wochen gegen Rassismus, das Sommerfest und die Beteiligung am Augsburger Hohen Friedensfest. Hierzu laden wir alle Augsburger*innen herzlich ein!

Wir setzen uns für eine offene Gesellschaft ein – dafür sind selbstverständlich Debatten nötig – verteidigen aber eine klare Linie gegen Rassismus, Antisemitismus, Islamophobie, Antiziganismus und für Vielfalt.